Die Quantentheorie ist die Grundlagentheorie, die alles materielle Geschehen physikalisch beschreibt. Das Wirkungsquantum h, die kleinstmögliche Portion von Energie pro Schwingung, wurde im Oktober 1900 von Max Planck in der Strahlungsformel des Wärmespektrums eingeführt [14]. Die Plancksche Strahlungsformel interpoliert zwischen kurzwelliger, teilchenartiger Strahlung und langwelliger Strahlung. Damit beschreibt sie zum ersten Mal eine Komplementarität zwischen Teilchenbild und Wellenbild. Dieses für die Quantentheorie charakteristische "Sowohl als Auch" von Teilchenbild und Wellenbild wird in der Heisenbergschen Vertauschungsrelation (1925) und der daraus folgenden Heisenbergschen Unschärferelation (1927) explizit und allgemein formuliert [15, 16].
Für observable Größen stehen in der Quantentheorie selbstadjungierte Operatoren, die eine nichtkommutative Algebra bilden. Die Hintereinanderausführung zweier Operatoren gilt i. a. nicht. Beispielhaft wird dies durch die Vertauschungsrelation ausgedrückt. Mit der Unschärferelation geht eine präzise raum-zeitliche Lokalisierung verloren. Es stellt sich die Frage nach der Möglichkeit der Definition von Quantenobjekten und damit nach der Interpretation der Quantentheorie. Eine konstruktivistische Interpretation der Quantentheorie [17] benutzt Definitionsschnitte, die aus der quantentheoretischen Ganzheit Quantenobjekte herausschneiden. Der Begriff des Definitionsschnitts ist eine Weiterentwicklung des "Heisenbergschnitts" und des "Kollaps der quantenmechanischen Wellenfunktion", die in der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik eine zentrale Rolle spielen [18].
Max Planck: "Über eine Verbesserung der Wienschen Spektralgleichung", Verhandlungen der Deutschen Physikalischen Gesellschaft 2 (1900), 202-204.
Werner Heisenberg: "Über quantentheoretische Umdeutung kinematischer und mechanischer Beziehungen". Zeitschrift für Physik 33 (1925) 879.
Werner Heisenberg: "Über den anschaulichen Inhalt der quantentheoretischen Kinematik und Mechanik". Zeitschrift für Physik 43 (1927) 172-198.
Eberhard Müller: "A Constructivistic Interpretation of Quantum Theory Preserves Causation". In "Current Issues in Causation", Wolfgang Spohn, Marion Ledwig, Michael Elsfeld (eds.). mentis, Paderborn, 2001, S. 191-198.
Eberhard Müller: "Interdisziplinärer Zugang zu den Grundlagen der Quantentheorie". Vorlesung im Sommersemester 2017 an der TU-Berlin.
Das »Sein« ist immer etwas von uns gedanklich Konstruiertes, also von uns (im logischen Sinne) frei Gesetztes.
Albert Einstein
Proceedings zum Symposium des Promotionsschwerpunkts "Wechselwirkungen" des Evangelischen Studienwerks am 15.-18. Oktober 2012
[LIT Verlag Berlin-Münster-Wien-Zürich-London, 2015]